Multi-Channel-Management – Trends und Herausforderungen in der Praxis

21.06.2018 // HAZET-WERK // Remscheid

Multi-Channel-Management

Nicht nur der Marketing-Club Bergisch Land feiert in diesem Jahr sein Jubiläum. Weit länger währt die Tradition des Remscheider Unternehmens HAZET, und so trafen sich am 21. Juni rund 50 Mitglieder und Gäste am Güldenwerth, um mitzufeiern und gleichzeitig mehr zu erfahren über die neuesten Trends bei Multi-Channel-Systemen.

In der HAZET-WELT mit Live-Werkstatt begrüßte Moderator Nils von der Crone die Teilnehmer und dankte HAZET-Marketingleiter Carsten Scholz für dessen Gastfreundschaft. Als Referenten des Abends stellte Nils von der Crone Prof. Dr. Stephan Zielke vor, Inhaber des Walbusch-Stiftungslehrstuhls für Multi-Channel-Management an der Bergischen Universität Wuppertal.

1868, so Scholz, gründete Hermann Zerver – daher der Name HAZET – das Unternehmen, das nun in der fünften Generation in Familienbesitz ist. HAZET stellt in den drei Remscheider Werken ""im Epizentrum der Werkzeugindustrie"" Premium-Werkzeuge her. Rund 5.500 Artikel fertigt der Vollsortimentler vornehmlich selbst und setzt damit fast 100 Mio. Euro um.

Ob online, stationär, mobil oder im Katalog, der Kunde heutiger Tage nutze die Kanäle des Handels gleichzeitig, so Prof. Zielke in seinem Vortrag. Touchpoints seien vor allem die Vielzahl der Social Media, dazu kommt die Anwendung immer neuerer Endgeräte. Wichtig für ein ganzheitliches Kundenerlebnis sei eine Gesamtperformance der verschiedenen Kanäle, Technologien und einem Marketing Mix. Interessanterweise gebe es nicht nur den Schritt von stationär oder Katalog ins Internet. Ursprünglich nur online präsente Händler gingen den umgekehrten Weg. Als Beispiele nannte Zielke die Buchgeschäfte oder die kassenlosen Supermärkte von Amazon, die aber keine Kopien von Läden seien, sondern in denen mit neuen Formaten und Konzepten experimentiert werde.

Beacons, Fashion Mirrors und Social Shopping

Händler sollten natürlich die Investitionen in Multi-Channel-Systeme und den damit verbundenen Nutzen, aber auch die Risiken abwägen. Der Kundenbindung, dem Erreichen neuer Kunden und Retail-Branding-Effekten stehen dabei die Kosten, fehlendes Know-how und die mangelhafte Integration in das System sowie eine drohende Kannibalisierung der einzelnen Kanäle gegenüber.

An Technologien freilich fehle es nicht. Bei der Store-im-Web-Konzeption reichen die von der inspirierenden Produktdarstellung und virtuellen Showrooms über Live-Chats bis hin zur virtuellen Anprobe oder dem Social Shopping, bei dem die Kunden aktiv kommunizieren und Empfehlungen aussprechen. Beim Web-to-Store stehen den Kunden "Check & Reserve" oder "Click & Collect", also Reservierungs- oder Abholungsfunktionen, zur Verfügung, oder die Möglichkeit einer Terminvereinbarung online. Anders beim Store-to-Web-Konzept: Neben den Shopping-Apps für Smartphones orten Beacons diese und können so Nachrichten versenden. Sogenannte Fashion Mirrors zeigen die Kunden in verschiedenen Outfits, Smart Fitting Rooms empfehlen die passende Bluse zur Hose.

In jedem Fall werde der Onlinehandel den stationären nicht ersetzen, sondern anders sein mit neuen Formaten. Erfolg werde man mit beiden Kanälen haben, denn die Kunden würden das Angebot verschiedener Marketinginstrumente honorieren.

Anschließender Hauptaspekt in der Diskussion war das Dilemma der Preisintegration und ob man nun gleiche Preise on- wie offline angebe oder diese differenziere. Doch hier wie insgesamt beim Aufbau eines Multi-Channel-Systems gilt: Die Basis muss immer ein erfolgreiches Branding sein.

 

Inhalt

Unternehmen können ihre Produkte heute über eine Vielzahl von Kanälen (Online und Offline) vertreiben und Kunden über verschiedenartige Touchpoints erreichen. Dies stellt Unternehmen vor die Herausforderung, die richtigen Kanäle und Touchpoints auszuwählen. In der Praxis ist zu beobachten, dass ursprünglich reine Onlinehändler zunehmend auch im stationären Handel tätig werden, während stationäre Händler ihr Angebot um elektronische Kanäle ergänzen. Beim Bespielen mehrerer Kanäle stellt sich die Aufgabe, diese so miteinander zu integrieren, dass ein ganzheitliches Kundenerlebnis entsteht. Hierzu können Unternehmen Technologien einsetzen, die die Kanäle miteinander verschmelzen. Darüber hinaus muss auch die Marketingpolitik der Kanalintegration Rechnung tragen.

Der Vortrag befasst sich mit den angesprochenen Entwicklungen und Herausforderungen, indem er folgende Fragen diskutiert:

  • Welche Entwicklungen gibt es im Hinblick auf das Bespielen unterschiedlicher Kanäle?
  • Inwieweit führen diese Entwicklungen zu neuen Formaten im Offline- und Onlinehandel?
  • Wie können Online- und Offlinekanäle mit Hilfe geeigneter Technologien integriert werden?
  • Welche Herausforderungen ergeben sich aus der Kanalintegration für die Marketingpolitik?

Referent(en)

Prof. Dr. Stephan Zielke ist seit Mai 2015 Professor und Inhaber des Walbusch-Stiftungslehrstuhls für Multi-Channel-Management an der Bergischen Universität Wuppertal.

Nach dem Studium der Betriebswirtschaftslehre wurde er bei Prof. Dr. Lothar Müller-Hagedorn an der Universität zu Köln promoviert. Die Habilitation folgte an der Georg-August-Universität Göttingen. Anschließend war er Associate Professor an der Rouen Business School (heute NEOMA Business School, Frankreich) und dem MAPP Centre der Universität Aarhus (Dänemark). Neben seiner wissenschaftlichen Tätigkeit war er nach seiner Promotion Consultant bei der Unternehmensberatung Simon, Kucher & Partners.

Seine Forschungsinteressen sind v.a. das Kundenverhalten in Multi-Channel-Systemen, das Handelsmarketing und die verhaltenswissenschaftliche Preisforschung. Prof. Zielke ist Mitautor des Buches "Der Handel. Grundlagen - Management – Strategien".