Markenlabor - Die Wuppertaler Wohnzimmerstudie

23.11.2023, 18:30 - 21:30 Uhr // Lehrstuhl für Marketing // Bergische Universität Wuppertal

Nachbericht

"Wir schauen uns nicht mehr an!"

Andere Unternehmen kennenzulernen, den Marketing-Kollegen dort über die Schulter zu schauen und in Vorträgen die verschiedenen Strategien zu erfahren, das sind die interessanten Themen der Veranstaltungen des Marketing-Clubs Bergisch Land. Immer aber auch lohnt die Auseinandersetzung mit Wissenschaft und Forschung. Und so trafen sich am 23. November mehr als 50 Mitglieder und Gäste im Senatssaal des Gebäudes K an der Bergischen Universität.

Auch Club-Vorstand Nils von der Crone, in Vertretung des verhinderten Präsidenten Patrick Hahne, freute sich bei seiner Begrüßung über die erneute Rückkehr an "seine" Uni und dankte dem Dekan der Fakultät für Wirtschaftswissenschaft, Prof. Dr. Nils Crasselt, sowie Prof. Dr. Tobias Langner, Inhaber des Lehrstuhls für Marketing, für die Gastfreundschaft. Prof. Crasselt betonte in seinem Grußwort die Bedeutung des Austausches zwischen Wirtschaft und Universität.

In seinem Vortrag über die Entschlüsselung des Kundenverhaltens mit apparativer Forschung berichtete Prof. Langner, unterstützt von den wissenschaftlichen Mitarbeitern und Doktoranden Julian Felix Kopka M.Sc. und Lennart Borgmann M.Sc., über die von ihnen durchgeführte "Wuppertaler Wohnzimmerstudie". Mittels mobilem Eye-Tracking und Interviews wurde in 100 Haushalten die Feierabendroutine der Probanden untersucht, wie sie auf Werbung im Fernsehen reagieren und wie sie ihre digitalen Endgeräte nutzen. Tatsächlich sind es weder das Fernsehprogramm noch der Fernseher selbst, die heutzutage den Mittelpunkt des Abends bestimmen. Primetime ist every time. Stattdessen ist das Smartphone zum ständigen Begleiter geworden, und dies noch vor dem Abendessen an bis zum Schlafengehen. 87 Prozent der Zeit wurde auf digitale Endgeräte geblickt, 44 Prozent davon auf das Smartphone. Der Fernseher beanspruchte gerade noch 8 Prozent der Zeit, und das war immer noch vier Mal mehr als das anwesende Haustier – und das gleichauf mit dem eigenen Partner!

Wir schauen uns also kaum noch an und sind permanent abgelenkt, wir leben mehr in den Medien als in der Realität, unsere Aufmerksamkeitsspanne ist extrem kurz und beträgt je nach Medium für Werbung durchschnittlich nur noch 2,5 Sekunden. Das analoge Fernsehprogramm nimmt meist nicht mehr als das Dasein eines Hintergrundrauschens ein.

Smartphone-Nutzung besser managen

Wie aber kann der Werbende diese Hürden überwinden, wie kann er durchdringen, wie erreicht er die Hinwendung zu seiner Markenkommunikation, und vor allem: Was lässt die Umworbenen verweilen?

Um Aufmerksamkeit zu erreichen und den Kontakt herzustellen, braucht es intensive Reize, durch große, laute oder bunte oder rote Gestaltung – hier zeigte Prof. Langner die Wahlwerbung der SPD 2021 –, Gesichter und Augen sowie kurze Schnitte im Bewegtbild. Emotionale Reize, z.B. Erotik, Kinder oder Babys, Tiere, aber auch Freude oder Spaß, und überraschende Aspekte, hervorgerufen durch Humor oder auch Spannung, helfen, um den Kontakt zur Werbung zu halten und bestenfalls noch zu intensivieren.

Und was können wir selbst tun, um unser Dasein wieder mehr in die Realität zurückzuholen und unsere Smartphone-Nutzung einzudämmen. Wir sollten, so Kopka, unsere Bildschirmzeiten analysieren und managen, uns Zeitbudgets setzen, Smartphone freie Räume, Situationen und auch Zeiten schaffen und Hürden für die Nutzung schaffen, beispielsweise einfach durch eine Schwarzweiß-Aktivierung des Screens.

Ob diese Tipps im Auditorium verfangen haben?

Aus der intensiven Fragerunde ließ sich jedenfalls heraushören: Für die Werbenden wird das Werben am Smartphone vorbei nicht einfacher.

Für den so unterhaltsamen wie informativen und interessanten Vortrag bedankte sich Nils von der Crone bei den Herren Bormann, Kopka und Prof. Langner und überreichte einem jeden einen Schraubendrehersatz des Sponsors HAZET.

Zwischen Häppchen und Getränken konnten die Teilnehmer dann noch selbst die Techniken wie mobiles und stationäres Eye-Tracking ausprobieren, mit denen sich die Forscher auf die Suche nach der Aufmerksamkeit der Konsumenten gemacht hatten.

Einladung: Mit apparativer Forschung das Kundenverhalten entschlüsseln

Professor Tobias Langner, Julian Felix Kopka und Lennart Borgmann nehmen die Gäste des Clubabends mit auf eine spannende Reise in die Welt der modernen Marketingforschung. Dabei können die Teilnehmenden eines der modernsten Markenlabore Europas hautnah erleben und apparative Forschungsverfahren wie das Eye-Tracking selbst ausprobieren.

Das Highlight des kommenden Clubabends bildet die "Wuppertaler Wohnzimmerstudie". Als eine der weltweit größten Studien mit mobilem Eye-Tracking untersucht diese den abendlichen Medienkonsum in über 100 Haushalten. Dies ermöglicht einzigartige Einblicke in unseren heutigen Umgang mit Medien und Werbung.

Dabei sticht vor allem das Smartphone als Dreh- und Angelpunkt aller Medienaktivitäten heraus. Dauerhaftes Multitasking, permanente Ablenkungen und extrem kurze Aufmerksamkeitsspannen, insbesondere in den sozialen Medien, sind die Realität, mit der Werbung konfrontiert wird.

Was bedeutet dies für uns als Konsumenten und als Werbetreibende? Wie kann Werbung überhaupt noch zum Kunden durchdringen? Die Studie liefert hierzu erste Antworten.

Ort und Termin

Termin und Uhrzeit

Donnerstag, 23. November 2023
Get together: 18:30 Uhr
Vortrag: 19:00 Uhr
Networking: 20:00 Uhr

Ort

Bergische Universität Wuppertal
Gebäude K, Senatssaal K.11.07
Gaußstraße
42119 Wuppertal

Galerie

Referent(en)

Professor Dr. Tobias Langner

Professor Dr. Tobias Langner ist Inhaber des Lehrstuhls für Betriebswirtschaftslehre, insbesondere Marketing, an der Schumpeter School of Business and Economics der Bergischen Universität Wuppertal und spezialisiert auf die Erforschung der zentralen Erfolgsfaktoren von Markenführung und Markenkommunikation. Tobias Langner gehört zu den international meist zitierten deutschen Markenforschern. Seit Juli 2023 ist er Präsident der European Advertising Academy (EAA), der weltweit zweitgrößten Vereinigung von Werbe- und Kommunikationsforschenden. Die EAA ist Ausrichter der jährlich stattfindenden ICORIA-Konferenz, einer der wichtigsten internationalen Konferenzen zur Werbeforschung, und Partner des International Journal of Advertising.

Julian Felix Kopka

Julian Felix Kopka M.Sc. ist nach seinem universitären Abschluss mit den Schwerpunkten Management und Marketing an den Universitäten in Düsseldorf, Michigan-Flint und Wuppertal seit 06/2018 wissenschaftlicher Mitarbeiter und Doktorand am Lehrstuhl für Marketing von Prof. Dr. Tobias Langner an der Bergischen Universität Wuppertal.

Lennart Borgmann

Lennart Borgmann M.Sc. ist seit 04/2018 wissenschaftlicher Mitarbeiter und Doktorand am Lehrstuhl für Marketing von Prof. Dr. Tobias Langner an der Bergischen Universität Wuppertal, nachdem er sich bereits im Rahmen seines Studiums an der FH Osnabrück sowie den Universitäten in Michigan-Flint und Wuppertal auf Management und Marketing spezialisiert hat.