Nutzfahrzeugvertrieb im Wandel – worauf Unternehmen sich einstellen müssen, um im B2B weiterhin erfolgreich zu sein

29.10.2019 // Mercedes Benz Niederlassung W/RS/SG // Wuppertal

Rollende Smartphones

Klimawandel, Industrie 4.0, Mobilität, Digitalisierung – die Zeiten ändern sich und mit ihnen die Herausforderungen. Was dies für die Branche der Nutzfahrzeuge im Allgemeinen und für die Daimler Truck AG im Besonderen bedeutet, erfuhren mehr als 50 Gäste und Mitglieder des Marketing-Clubs Bergisch Land am 29. Oktober bei ihrem Treffen in der Mercedes-Benz-Niederlassung in Wuppertal-Varresbeck.

Geschäftsleiter und Gastgeber Uwe Kleist stellte bei seiner Begrüßung mit Carsten Prager den Referenten des Abends vor. Prager ist Direktor des Vertriebsverbundes Rhein-Main Lkw bei der neu geschaffenen Daimler Truck AG. Mercedes-Benz ist mit seiner Nutzfahrzeug-Sparte die Nummer Eins auf einem Markt, auf dem allein in Deutschland jährlich bis zu 80.000 Lkw verkauft werden. Ein Markt, so Prager, auf dem man mit den unterschiedlichsten Menschen zusammenkomme mit ebensolchen Ansprüchen. Dazu gehören heute nicht nur die Geschäftsführer oder Fuhrparkleiter der Unternehmen, sondern vor allem die Fahrer – denn sie sind es, die beispielsweise in einem Mercedes-Benz Actros arbeiten und zeitweise auch wohnen. Für ihre Community hat Daimler mit den "RoadStars" sogar eine eigene Plattform geschaffen.

An fünf Punkten machte Prager den Wandel und die Anforderungen für den Nutzfahrzeugvertrieb deutlich. Da ist zum einen die Urbanisierung: Die Menschen ziehen in die Städte, ebenso die Produktionsstätten, ihnen folgen die Logistiker – die Kunden der Lkw-Händler. Oder die Problematik der Antriebe, die ja verbunden ist mit der Lebensqualität in den Städten. Um 30 Prozent müssen die Hersteller die CO₂-Emissionen ihrer Lkw bis 2030 senken, eine sehr kurze Zeit bei einer Entwicklungsdauer von zehn bis zwölf Jahren für ein Fahrzeug. "Obwohl wir bei der Schadstoffreduzierung schon viel erreicht haben", betont Prager – nämlich ein Minus von 97 Prozent eines Euro 6-Diesels im Vergleich zu einem Diesel von 1990. Doch auch er sieht den Dieselantrieb, ebenso wie den durch Erdgas, als Auslaufmodell. Synthetische Kraftstoffe, sogenannte E-Fuels, seien noch zu teuer. Forschung und Entwicklung konzentrierten sich auf Batterieantrieb und die mit Wasserstoff betriebene Brennstoffzelle.

Kundenbindung mit Service 4.0

Stichwort Flotte: Die Speditionsbranche, weiß Prager, ist ein kleinteiliger Markt, im Durchschnitt liege die Anzahl der Mitarbeiter bei 35. Doch der Trend gehe zu großen Flotten mit mehr als 100 Fahrzeugen. Damit verbunden ist natürlich ein erhöhter Verhandlungsdruck auf die Händler. Eine mögliche Lösung für diese erschwerten Bedingungen sieht Prager beim vierten Punkt: die Vernetzung. Eine Industrie 4.0 bedeutet auch eine Logistik 4.0, ist sich Prager sicher. "Also müssen wir einen Service 4.0 anbieten!" Schon heute nämlich würde ein Lkw eine Fülle von Daten übermitteln – "So ein Actros ist ein rollendes Smartphone!" Das in die Serviceverträge integrierte Diagnose-Tool Mercedes-Benz Uptime vernetzt das Fahrzeug mit dem Transportunternehmen und dem Mercedes-Benz-Service. So teilt das Fahrzeug – getreu dem Claim "Trucks you can trust" – frühzeitig Fehler mit, Werkstattzeiten können gebucht, Ersatzteile bestellt und letztlich ungeplante oder plötzliche Stand- und längere Ausfallzeiten vermieden werden, alles transparent und für den Kunden nachvollziehbar. "Für all das brauchen wir natürlich Mechaniker mit IT-Affinität", erklärt Prager – und spricht damit den fünften Punkt an: die Fachkräfte. Nicht nur bei seinen Kunden, auch bei Daimler selbst macht sich deren Mangel schon bemerkbar.

Der Nutzfahrzeugvertrieb steht also vor echten Herausforderungen in der Zukunft – die längst schon begonnen hat. In der anschließenden Fragerunde zeigte sich ebenso wie die Teilnehmer auch Club-Vorstandsmitglied und Moderator Patrick Hahne beeindruckt von Pragers Vortrag: "Ich werde nicht mehr einfach so hinter einem Lkw fahren können!"

Wie es sich anfühlt, in einem solchen zu sitzen – oder auch im Komfortbett zu liegen –, konnten die Besucher in dem neuen Actros ausprobieren, der neben dem Mercedes-Showroom auf dem Hof parkte. Vorher aber bedankte sich Club-Präsident Erich Giese bei Uwe Kleist und Carsten Prager mit einem Schraubendrehersatz von HAZET – nicht im Mercedes-, aber zumindest im Porsche-Design.

 

Inhalt:

Das Geschäftsmodell im Lkw-Vertrieb innerhalb Deutschlands ist seit vielen Jahren unverändert – der eher margenschwache Verkauf der Trucks wird mit höheren Erträgen aus dem Service- und Teilegeschäft kompensiert.

Was aber, wenn die wichtigste Ertragssäule gefährdet ist? Welche Weichen müssen gestellt werden, um die Kunden an ein hochkomplexes Premiumprodukt in angemessener Qualität und profitabel zubinden?

Megatrends wie Urbanisierung, Vernetzung, Fachkräftemangel und der Klimawandel üben massiven Einfluss auf das Nutzfahrzeuggeschäft aus und zwingen die Unternehmer zum Handeln. Gerade die technologischen Veränderungen in den Fahrzeugen, an dieser Stelle sind es vor allem neue Antriebe und Telematikdienste, bieten dabei auch große Chancen für langfristige Kundenbindung.

Im Vortrag wird an konkreten Beispielen gezeigt, welchen Herausforderungen Vertriebs- und Servicepartner im Nutzfahrzeuggeschäft gegenüberstehen, welche Handlungsoptionen bestehen und welche Rolle z.B. die Unternehmensgröße dabei spielt.

Außerdem zeichnet der Vortrag ein Bild, worauf wir uns speziell im Bereich der alternativen Antriebe für Lkw bis 2030 einstellen müssen.

Referent(en)

Carsten Prager: Direktor Vertriebsverbund Rhein-Main Lkw bei der Daimler AG.